Sie hatten also kein deutliches Ziel, was Sie beruflich machen wollten?
Ich hatte total keine Ahnung, aber ich wollte unter keiner Bedingung eine Stelle im Unterrichtswesen. Germanistik OK, aber Lehrerin wollte ich nicht werden. Ich hatte vor, die Welt zu erobern, ich wollte nicht so bürgerlich sein. Aber dann wird man ein bisschen älter, und klüger und wird man schon ein bisschen bürgerlicher. So bin ich letztendlich doch im Unterrichtswesen tätig geworden, und das hat mir sehr gefallen. Ich habe dann immer nur unterrichtet, aber ich habe auch immer noch studiert. Als Germanistin hatte ich die Idee, dass ich nur eine gute Germanistin sein könnte, wenn ich auch noch Philosophie und Geschichte dazu studierte.
Ich bin also immer an der Uni geblieben, bis ich eine Stelle an der Hochschule in Gent bekam. Dann habe ich auch mit diesen weiteren Studien aufgehört, und ich bin Übersetzerin geworden, eben weil ich an der Hochschule Übersetzen unterrichtete.
Sie sind Übersetzerin geworden, weil Sie das unterrichteten?
So ist es.
Was wäre denn, wenn Sie zum Beispiel Grammatik hätten unterrichten müssen?
Ich habe mich immer bemüht, Übersetzen unterrichten zu können. Damals gab es noch einen richtigen Literaturübersetzungskurs, und das wollte ich einfach sehr gerne machen. Als ich mich an der Hochschule beworben hatte, war auch klar, dass das wirklich mein Schwerpunkt war. Ich hätte auch sehr gerne Geschichte unterrichtet, das ging damals aber nicht. Ich hatte nämlich noch keine Doktorarbeit geschrieben. Geschichte war meine Spezialität, und ich durfte dieses Fach nicht unterrichten, weil mir dieser Doktortitel noch fehlte.
Wenn ich Grammatik unterrichtet hätte, hätte mir das nicht so nah am Herzen gelegen wie Kunst, Kultur und die Arbeit mit Texten. Ich hätte mich dann doch immer bemüht, etwas anderes zu machen.
Was auch eine Rolle gespielt haben könnte, ist, dass 2001 an der Universität in Utrecht ein Kurs für Literaturübersetzer gegründet wurde. Als ich das erfahren habe, habe ich mich an diesem Kurs beim "Steunpunt Literair Vertalen" (heute "Expertisecentrum Literair Vertalen") beteiligt. Es war also die Zufälligkeit, dass ich an der Hochschule in Gent unterrichtet habe, und dass es in Utrecht diesen Kurs gab.